Vorbericht – Premiere – TAGBLATT – 25.05.2021 – Dieter Langhart

Wenn es an Antworten fehlt: Die Frauenfelder Schauspielerin Susanne Odermatt steht bei «Das kleine Pony» im Eisenwerk auf der Bühne

Der zehnjährige Luis wird gemobbt – doch schaffen das die Eltern? Die Frauenfelderin Susanne Odermatt spielt die Mutter in «Das kleine Pony». Ein Probenbericht. Das Theaterstück feiert am Freitag, 28. Mai, Premiere im Eisenwerk in Frauenfeld.

Proben zu «Das kleine Pony». Es spielen Susanne Odermatt und Julius Griesenberg.
Proben zu «Das kleine Pony». Es spielen Susanne Odermatt und Julius Griesenberg.
Bild: Dieter Langhart

Corona ist eine Plage für daran Erkrankte – und für Theaterschaffende. «Das kleine Pony» hätte vor einem Jahr im Eisenwerk Premiere feiern sollen – es hat nicht sein dürfen. Also verschieben auf Februar – nichts da. Also verschieben auf diesen Mai – es muss gehen. Denn Premiere ist kommenden Freitag.

Es wird gehen, denn Regisseur Marcelo Diaz hört und schaut genau hin, lässt eine Szene drei-, viermal spielen, bis sie sitzt. Auf der Bühne stehen Susanne Odermatt und Julius Griesenberg, umkreisen einander in dieser Szene, werfen einander Vorwürfe an den Kopf. Denn das Stück «Das kleine Pony» des Spaniers Paco Bezerra ist ein Stück über hilflose, verstrickte, verlorene Eltern – ihr zehnjähriger Luis tritt gar nicht auf.

«Wie geht es weiter mit der Welt, mit mir?»

Marcelo Diaz‘ Frage bleibt im Probenraum stehen. Diaz führt die beiden Schauspieler präzise, fast unerbittlich. Er hat daheim in Argentinien vom Stück des bekannten Spaniers Paco Bezerra erfahren, war begeistert, tat sich zusammen mit Odermatt und Griesenberg. Es muss gehen jetzt.

Proben zu «Das kleine Pony». Es spielen Susanne Odermatt und Julius Griesenberg.
Proben zu «Das kleine Pony». Es spielen Susanne Odermatt und Julius Griesenberg.
Bild: Dieter Langhart

Eltern suchen nach Schuldigen und sind überfordert

Im Stück gehe es um den Mangel an Antworten, sagt der Regisseur. Gehe es nicht nur um den verschupften Bub, sondern darum, wie eine Gesellschaft mit ihm umgehe. «Die Eltern suchen ständig nach Schuldigen und sind völlig überfordert», sagt Diaz. Susanne Odermatt hebt die Verlorenheit des Buben hervor und will mit ihrem Bühnenpartner Griesenberg eine Ebene tiefer gehen, auf die Ebene der Eltern mit ihren persönlichen Abgründen.

«Der Zuschauer kann und soll sich nicht für eine Figur entscheiden oder sich mit ihr identifizieren – das ist der Sog dieses Stückes.»

Das sagt die aus Zürich stammende Schauspielerin, die mit ihrer Familie in Frauenfeld lebt. Vor drei Jahren ist sie mit ihrem selbst geschriebenen Stück «Countdown oder das Ticken der Eieruhr» aufgefallen. Da ging es um das Austarieren von Arbeit, Mann und Kindern. Da sagte sie: «Wir müssen umdenken, damit Lebensabschnitte koordinierbar sind.» Da wirkt «Das kleine Pony» wie eine Fortsetzung.

Proben zu «Das kleine Pony». Es spielen Susanne Odermatt und Julius Griesenberg.
Proben zu «Das kleine Pony». Es spielen Susanne Odermatt und Julius Griesenberg.
Bild: Dieter Langhart

Susanne Odermatt sagt, ihr sei das Stück regelrecht «eingefahren». Sie bekam beim Verlag die Rechte, es aufzuführen. Diaz kennt Griesenberg seit Jahren, doch für Odermatt war er ein neuer Bühnenpartner. Wenn das nicht passt zur Anlage dieser Szenen einer Ehe. Der Regisseur will, dass die menschlichen Komponenten im Team entschieden und umgesetzt werden. Und Susanne Odermatt sagt, sie müsse Irene verstehen, die Mutter, «und aus mir herausholen». Sie sagt:

«Mich interessiert das Authentische, das Schlichte dieser Figur.»

Und probt weiter mit ihrem Bühnenpartner Julius Griesenberg – und gar nicht immer sind sie sich einig, als Eltern des kleinen Luis.

Premiere: Freitag, 28. Mai, 20 Uhr, Eisenwerk; zweite Vorstellung Sonntag, 30. Mai, 18 Uhr. Infos und weitere Aufführungen im Thurgau siehe www.daskleinepony.ch.

Tagblatt, Dieter Langhart, 25.05.2021, 16.45 Uhr